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May
2024
Artikel auf bernerzeitung.ch

Gemeinde investiert 2 Millionen Franken

Im Sommer 2025 eröffnet ein neues Geburtshaus. Es wird von der ortsansässigen Hebammenpraxis geführt.

Gemeinde investiert 2 Millionen Franken

«Ein lange gehegter Wunsch wird bald Realität», sagt Verena Piguet, Inhaberin der Baby im Bauch GmbH. Seit fünf Jahren führt sie gemeinsam mit einem siebenköpfigen Team die Hebammenpraxis im Landhaus im Steffisburger Oberdorf. Jetzt hat die ausgebildete Hebamme weitere Pläne: Im Sommer 2025 will sie mit ihrem Team am Höchhusweg 12 in Steffisburg ein Geburtshaus eröffnen. «Entstehen wird ein Ort, wo Familien mit Zuversicht, Hingabe und Engagement gestärkt werden», erklärt Verena Piguet.

Um ihre Pläne in die Tat umzusetzen, erhält die Hebammenpraxis Unterstützung von der Gemeinde Steffisburg. Vorgesehen ist, das alte, gemeindeeigene Mehrfamilienhaus am Mülibach, gegenüber den beiden schützenswerten «Höchhüser», einer Gesamtsanierung zu unterziehen und der Hebammenpraxis zu vermieten.

«Die Nutzung und Vermietung des in die Jahre gekommenen Gebäudes gestaltete sich in der Vergangenheit schwierig», erklärt der zuständige Steffisburger Bauvorsteher Christian Gerber (EDU). Zumal verschiedene, wiederkehrende Instandhaltungsarbeiten beim Innenausbau, der Gebäudehülle und der Haustechnik anstanden. Gestützt auf diese Tatsache habe der Gemeinderat entschieden, eine gesamtheitliche Sanierung anzugehen, und bereits vor einiger Zeit die bestehenden Mietverträge gekündigt.

Konzept für Umbau steht

Im vergangenen Jahr wurde nun ein Projekt in Zusammenarbeit mit der zukünftigen Mieterin des Geburtshauses entwickelt. Weil die Liegenschaft gemeinsam mit den benachbarten «Höchhüser» als Baugruppe gilt und das Gebäude im kantonalen Bauinventar als erhaltenswert eingestuft ist, wurde ebenso die Denkmalpflege mit einbezogen.

Das alte gemeindeeigene Mehrfamilienhaus am Mülibach in Steffisburg wird zu einem Geburtshaus umgebaut. Foto: Stefan Kammermann

Das Konzept für den Umbau und die Sanierung sieht vor, das Gebäude grundsätzlich in seiner äusseren Erscheinung und der ursprünglichen Raumstruktur zu bewahren. Sichtbare Eingriffe erfolgen vorwiegend im Dachgeschoss. Ein neuer Schlepper verbessert den Nutzen und die Tageslichtversorgung der Dachwohnung. Zudem wird die Gebäudehülle energietechnischen saniert.

Baustart im Sommer?

Für das Geburtshaus werden vorwiegend Anpassungen im Erdgeschoss mit dem Einbau einer Gebärwanne und einer hindernisfreien Nasszelle realisiert. Im Obergeschoss entsteht zudem eine 3,5-Zimmer-Wohnung, welche auch eine Büronutzung zulässt.

Wie Christian Gerber weiter ausführt, liegt die Baubewilligung bereits vor. «Wir rechnen für kommenden Sommer mit dem Baustart», so der Gemeinderat weiter. Insgesamt zwei Millionen Franken investiert die Gemeinde in das Vorhaben. «Wir freuen uns sehr, wird ein solches Angebot in der Gemeinde möglich», betont der Bauvorsteher.

Mehr Auswahl für werdende Eltern

Doch was sind die Beweggründe der Hebammenpraxis, in den Betrieb eines Geburtshauses zu investieren und selber rund 100’000 Franken an den Umbau beizusteuern? «Wir möchten die Wahlmöglichkeit für werdende Eltern erhöhen», erklärt Verena Piguet. Zumal sie ein steigendes Bedürfnis nach alternativen Gebärmöglichkeiten ausserhalb des Gebärsaals im Spital feststellt.

«Die Nachfrage nach hebammenbegleiteten Geburten steigt», sagt die Fachfrau. Zudem seien solche Arbeitsplätze auch unter den Hebammen zunehmend gefragt. Die Inhaberin der Hebammenpraxis rechnet künftig denn auch mit drei zusätzlichen Arbeitsplätzen.

Zieht auch die Hebammenpraxis um?

Das neue Geburtshaus soll werdenden Eltern vorab eine ambulante Geburt ermöglichen. Angedacht, aber noch nicht ganz definiert ist ebenso ein individuelles, stationäres Angebot.

Ebenfalls noch offen ist, ob die Hebammenpraxis «Baby im Bauch» dereinst vom Oberdorf gänzlich ins neue Geburtshaus am Mühlebach umziehen wird. «Ein diesbezüglicher Entscheid ist noch nicht gefällt», erklärt Verena Piguet. Nichts ändern wird sich indes an der bisherigen Tätigkeit der Praxis. Das Angebot einer Beleghebammengeburt am Spital Interlaken oder einer Hausgeburt bleibt bestehen.

Aktuell sind in der Schweiz 24 Geburtshäuser in Betrieb. Einige bestehen seit über 20 Jahre. Seit 2009 können Geburtshäuser auf die Spitalliste des jeweiligen Standortkantons und der Nachbarkantone aufgenommen werden. Verena Piguet und ihr Team freuen sich jedenfalls auf den Start im Sommer 2025 und möchten dort monatlich bis zu sechs Babys im Leben begrüssen.

Stefan Kammermann
Publiziert: 20.05.2024, 21:12

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